Donald Trump und seine Präsidentschaft als Herausforderung für die Demokratieentwicklung in den USA und in der westlichen Welt

(Bildnachweis: © Marcel Terrani, politischer Illustrator, Köln)

 

Von Sascha Arnautović

 

US-Präsident Trumps Bewunderung für Diktatoren und autoritäre Herrscher wie Russlands Präsident Wladimir Putin kommt nicht von ungefähr, weist er doch selbst in seinem Politikverständnis und politischen Handeln vergleichbare problematische Züge auf. Gerade zu Beginn seiner zweiten Präsidentschaft (2025-2029) wird deutlich, dass er eine starke Machtkonzentration einschließlich eines radikalen Staatsumbaus für die USA im Sinn hat. Die Auswirkungen, die das hätte, wären gravierend und würden den Demokratien des Westens erheblich schaden, was deren Ansehen anbelangt. Schließlich gilt Amerika als die „Wiege der modernen Demokratie“. Ohnehin sind die Autokratien weltweit auf dem Vormarsch und graben den (liberalen) Demokratien zusehends das Wasser ab. Diese Entwicklung ist ohne Frage besorgniserregend und sehr gefährlich. Die deutsche Politikwissenschaft, die als Demokratiewissenschaft ihren Anfang nahm, ist in dieser Hinsicht besonders empfänglich und sensibel für derartige Phänomene und deren Einordnung. Und wenn man als Politikwissenschaftler seine Berufung als ein solcher ernst nimmt, dann sollte man das Kind auch beim Namen nennen und sich Gedanken dazu machen, wie eine solche Entwicklung zu stoppen ist oder zumindest abgemildert werden kann.

Doch wie konnte es nur so weit kommen? – Nun, besonders in den Vereinigten Staaten ist die politische und gesellschaftliche Polarisierung seit Mitte der 1990er-Jahre in vollem Gange und hat die Schwächung staatlicher Institutionen maßgeblich begünstigt. Hinzu kommt die Dysfunktionalität der US-Demokratie mit den damit einhergehenden negativen Folgewirkungen. Handlungsfähigkeit des Staates und sozialer Frieden sucht man indes vergebens im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“. Sind einmal die Grundfeste der Demokratie erschüttert, dann ist es schwierig, Stabilität und Widerstandsfähigkeit aufrechtzuerhalten, die heutzutage wichtiger denn je sind angesichts der inneren und äußeren Feinde der Demokratie. Und an genau diesem Punkt sind die USA inzwischen angelangt, allerspätestens jedoch seit dem 6. Januar 2021, als der Sturm auf das Kapitol in Washington, D.C. einmal mehr verdeutlichte, dass etwas im Argen liegt. Die US-amerikanische „Vorbild-Demokratie“, soviel steht fest, gibt es mittlerweile nicht mehr. Die Erosion dieser ist nicht mehr länger zu leugnen. Sie hat ihre Strahlkraft wie noch im 20. Jahrhundert eingebüßt, ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Insofern sind die Worte des alten und zugleich neuen US-Präsidenten von einem „Golden Age of America“, welches angeblich bevorstehe, blanker Hohn. Das genaue Gegenteil ist der Fall: Die USA sehen – aller Voraussicht nach – düsteren und turbulenten Zeiten entgegen, die krisenhaft sein werden und Amerika alles andere als standhaft und souverän erscheinen lassen. Dabei blutet einem als überzeugter Transatlantiker das Herz.

Zurück zum Ausgangspunkt und der Frage, welches Gefahrenpotenzial Trumps neuerliche Präsidentschaft in demokratietheoretischer Hinsicht birgt und inwiefern dies dann zu einem Ansehensverlust der westlichen Demokratien weltweit führen könnte, die ihrerseits selbst Gefahr laufen, von antidemokratischen Kräften und erstarkten (rechts-)populistischen Parteien in Europa auf der nationalen Ebene unter Zugzwang zu geraten. Donald J. Trump wettert seinerseits immer wieder gegen das politische Establishment in Washington und erklärt sich selbst zur Stimme des Volkes („I am your voice!“). Dabei lässt er völlig außer Acht, dass er selbst Teil dieses Establishments ist. Auch gibt er vor, diejenigen zu schützen und zu vertreten, die, wie er es im Jahr 2016 formuliert hatte, ignoriert, vernachlässigt und verlassen wurden. Er spricht als „Retter der Entrechteten“ von verlassenen Frauen und Männern in den USA, die nicht länger im Stich gelassen werden dürfen. Auch plädiert er für die Maxime „America first“, die nationalen Interessen ganz klar den Vorrang einräumt gegenüber den Interessen der Partner und Verbündeten der Vereinigten Staaten. Mit diesen einfachen Parolen geht Trump seit seinem ersten US-Präsidentschaftswahlkampf 2015/2016 auf Stimmenfang. Daran wird ersichtlich, dass er die typischen Merkmale eines (Rechts-)Populisten aufweist. In „EU-Europa“ hat sein Agieren längst Nachahmer(innen) gefunden, die künftig auf seinen Spuren wandeln werden. In der Bundesrepublik Deutschland beispielsweise hat die sogenannte Alternative für Deutschland großen Gefallen an Trumps Methoden gefunden, weswegen man über Tech-Milliardär Elon Musk als Trumps „besonderer Regierungsangestellter“, der von ihm kürzlich offiziell mit der Senkung der Staatsausgaben betraut worden ist, bereits auf Tuchfühlung mit dem US-Präsidenten gegangen ist. Hieran zeigt sich die hohe Wahrscheinlichkeit von potenziellen Nachahmerinnen und Nachahmern, die das in Europa in ähnlicher Weise so handhaben könnten.

Die „Gefahr von rechts“ ist daher sehr ernst zu nehmen und stellt längst kein Randphänomen mehr dar, das getrost beiseitegeschoben werden kann. Die Demokratien des Westens sind somit massiv herausgefordert und müssen Antworten auf das Erstarken rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien in Westeuropa finden, die von heiklen und kontroversen Themen wie beispielsweise „Asyl und Migration“, „Wirtschaftsentwicklung“ und „Arbeitsmarkt“ nachhaltig profitieren. Umso wichtiger erscheint es, als der „Westen“ – im Sinne einer Einheit – zusammenzustehen und gemeinschaftlich Lösungen dafür zu finden, wie dieser „Siegeszug“ gestoppt werden kann. Das Vertrauen in Politik und Politiker(innen) muss wieder gestärkt und durch verantwortungsvolles Handeln der politischen Akteurinnen und Akteure untermauert werden. Vertrauen ist eine Währung, die niemals unterschätzt werden sollte. Es ist die Grundlage einer jeden Demokratie.

Donald Trump ist Meister darin, die Grenzen der Demokratie immer wieder aufs Neue zu testen. Durch sein Handeln werden diese immer weiter verschoben und bisherige Tabus gebrochen. Es scheint nichts mehr zu geben, was nicht gesagt werden könnte, so lässt sich das kurz und bündig zusammenfassen. Trumps Narrative verfangen in den Vereinigten Staaten, ob man das wahrhaben will oder nicht, und das macht ihn so gefährlich für die Demokratie in den USA, aber auch für die Demokratien des Westens insgesamt. Erschwerend kommt in seiner neuerlichen Präsidentschaft hinzu, dass er sich mit dem Istzustand nicht mehr zufriedengibt, sondern noch weiter gehen möchte, nämlich so weit, dass er Mittel und Wege findet, um seine Macht als US-Präsident auszubauen. Das geht sogar so weit, dass er nicht bloß die exekutive Macht und damit seine Handlungsspielräume vergrößern will, sondern auch nach Rache an seinen politischen Gegnerinnen und Gegnern sowie an seinen Kritikerinnen und Kritikern trachtet, koste es, was es wolle. Doch dabei endet sein politisches Vorhaben noch längst nicht: Auch relativ unabhängige Regierungsbehörden stehen unter US-Präsident Donald Trump auf dem Prüfstand. Dieses offene und teilweise auch öffentliche Hinterfragen führt zu einer massiven Beschädigung der Autorität staatlicher Institutionen mit besorgniserregenden Folgen für das Ansehen der Demokratie insgesamt. Auch kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass Trump – ähnlich wie Putin – während seiner zweiten Präsidentschaft nach Möglichkeiten Ausschau halten könnte, wie er seine Macht über seine vierjährige Amtszeit hinaus sichern kann. Er zählt definitiv nicht zu denjenigen Amtsträgerinnen und Amtsträgern, bei denen eine „friedliche Machtübergabe“ eine unumstößliche demokratische Tugend darstellt. Darauf sollte man daher diesmal nicht wetten, zumal er schon beim ersten Mal am 20. Januar 2021 gezeigt hat, dass diese Selbstverständlichkeit unter echten Demokratinnen und Demokraten bei ihm keinen Automatismus darstellt – Joe Binden hat dies jedenfalls deutlich zu spüren bekommen, als er als 46. Präsident der USA ins Weiße Haus einzog. Die Gefahr der Aushöhlung der Demokratie von innen ist somit durchaus gegeben und erscheint absolut real. Insofern sollte diese Erkenntnis stets mitgedacht werden bei der Bewertung seines politischen Handelns im US-amerikanischen Kontext.

Vor diesem Hintergrund ist es umso dringlicher, eine breite Allianz überzeugter Demokratinnen und Demokraten zu bilden und auf diese Weise den Fortbestand von Demokratien westlicher Prägung zu sichern. Dazu braucht es Strategien, die demokratische Parteien in die Lage versetzen, rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien die Stirn zu bieten und sie politisch zu entzaubern. Allzu oft bieten diese nämlich einfache Lösungen für komplexe Probleme an und suggerieren damit vermeintliche Problemlösungskompetenz, was mitnichten der Fall ist. Eine Ausgrenzung dieser Parteien wird nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen, wohl aber die harte politische Auseinandersetzung mit ihnen.Donald Trump ist aktuell nicht nur der amtierende 47. US-Präsident, sondern stellt bis auf Weiteres als ein erheblicher Unsicherheitsfaktor eine Herausforderung sui generis für die westeuropäischen Demokratien, aber natürlich auch für überzeugte Demokratinnen und Demokraten in den USA dar. Unter diesen Rahmenbedingungen ist transatlantische Politik selbstverständlich kein leichtes Unterfangen, sondern erfordert große Standhaftigkeit und Widerstandsfähigkeit der handelnden Akteurinnen und Akteure diesseits des Atlantiks. Die Zukunft wird zeigen, welchen Weg die USA unter Trump II einschlagen werden. EU-Europa hingegen ist gut beraten, die eigenen Reihen zu schließen und sich selbstbewusst der „Herausforderung Trump“ anzunehmen. Hierin liegt durchaus eine Chance für Europa, um aus dem Schatten der USA zu treten und um dadurch an Akteursqualität auf internationaler Ebene zu gewinnen. Schließlich ist auf die Vereinigten Staaten längst kein Verlass mehr, wie dies noch in früheren Zeiten der Fall gewesen ist. Selbstverständlich bleiben die Beziehungen zu den USA weiterhin relevant, sind jedoch nicht mehr ein Selbstläufer in Zeiten der Präsidentschaft Donald Trumps. Es wäre wichtig, diese Realitäten anzuerkennen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen: EU-Europa muss zukünftig mehr leisten, als bloß der Juniorpartner Amerikas zu sein. Es geht für den Kontinent Europa vor allem darum, sich für unsichere Zeiten zu wappnen und stärker eigenständig zu agieren, zumal das strategische Interesse der USA längst bei der Region Asien-Pazifik liegt. Umso mehr gilt es, den Blick zu weiten und sich keinen naiven Vorstellungen hinzugeben, dass der Rettungsanker Uncle Sam am Ende schon alles richten wird. Die politische Verantwortung liegt in diesen bewegten und schwierigen Zeiten bei Brüssel und bei den anderen Hauptstädten Europas – und das ganz unabhängig von der Qualität der Zusammenarbeit mit den USA unter Präsident Trump in den kommenden Jahren. Erst die Akzeptanz dieser Erkenntnis macht die Europäische Union (EU) zu einer mündigen und potenten Akteurin. Gleichzeitig kann die EU dafür Sorge tragen, dass das Ansehen der Demokratien Westeuropas keinen ernsthaften Schaden nimmt, und das ganz unabhängig von Trumps politischem Handeln und seinen höchst gefährlichen Eskapaden hinsichtlich des bewussten und systematischen Abbaus der Demokratie in den USA. Gleichwohl müssen auch in den EU-Staaten die Hausaufgaben sorgfältig gemacht werden, die konkret darin bestehen, mit den demokratiegefährdenden Tendenzen in Europa einen adäquaten Umgang zu finden. Es gibt also keinen Grund für die Europäer(innen) zur Schadenfreude über die prekäre Lage der Demokratie in den USA, denn auch in EU-Europa steht inzwischen politisch viel auf dem Spiel und müssen Antworten auf die Gefahren für die Demokratie gefunden werden. Reine Symbolpolitik oder schöne Sonntagsreden sollten der Vergangenheit angehören. Es ist jetzt an der Zeit, um endlich ins Handeln zu kommen!

(Der Autor: Politikwissenschaftler und Amerikaforscher Dr. Sascha Arnautović)

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