Trumps neuerlicher Amtsantritt wirft seine Schatten voraus

 

(Bildnachweis: © Library of Congress auf Unsplash)

Dr. phil. Sascha Arnautović (Brühl/Rheinland)

Die Zeichen in Washington stehen am heutigen Tag auf Sturm: Es ist der Tag der Wiederkehr von Donald J. Trump ins Weiße Haus und zurück auf die große politische Bühne. Was steht zu erwarten für die USA, Deutschland und „EU-Europa“? Fest steht schon jetzt: US-Präsident Trumps Machtfülle und Einfluss auf die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in den Vereinigten Staaten ist größer denn je! Der 47. Präsident der USA kann faktisch durchregieren. Er hat nichts mehr zu verlieren und wird somit aller Voraussicht nach noch radikaler sein als in seiner ersten Präsidentschaft von 2017 bis 2021. Einzig eine Niederlage bei den Zwischenwahlen in zwei Jahren könnte ihn noch stoppen – darauf setzen sollte man allerdings nicht.

Die US-Demokratie ist ernsthaft in Gefahr! Trump wird die Demokratie in den Vereinigten Staaten in den nächsten vier Jahren auf den Kopf stellen und deutlich schwächen. Alles läuft darauf hinaus, dass demokratische Institutionen in Amerika für seine Zwecke manipuliert werden und die Demokratie von innen ausgehöhlt wird. Als Rechtfertigung für sein Handeln steht der vermeintliche Kampf gegen den sogenannten Deep State („tiefer Staat“) im Raum. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, wie der Vorgänger Trumps, namentlich Joseph R. Biden, Jr., in seiner letzten (nachdenklichen) Ansprache an das amerikanische Volk Mitte dieses Monats angemahnt hat, dass sich eine starke und zugleich gefährliche Machtkonzentration in den USA entwickeln könnte. Im Sinne einer Plutokratie („Herrschaft der Besitzenden“) würden dann wenige Reiche Amerika beherrschen und aufgrund ihres Einflusses und Vermögens nachhaltig beeinflussen. Es geht um nichts Geringeres als Machtmissbrauch. Es ist zu befürchten, dass Fehl- und Desinformation, die immer mehr um sich greifen könnten, die innere Stabilität der angezählten US-Demokratie gefährden, was zu einseitigen Berichterstattungen in den Medien und auf den Social-Media-Plattformen führen könnte. Keine Frage: eine beängstigende und demokratiefeindliche Entwicklung.

Da passt die Eiseskälte in Washington, D.C. am heutigen Tag der Amtseinführung gut ins Bild. So ist man im Vorfeld dieser gezwungen gewesen, die Zeremonie der Amtsübergabe von draußen nach drinnen ins Kapitol zu verlagern. Ungeachtet dessen wird Donald Trump diese Bühne für sich nutzen, um sich und seine neu gewonnene politische Macht zu demonstrieren. Es ist tatsächlich sein Tag der Genugtuung, seine persönliche Rache an Joe Biden, der ihm im November 2020 durch seinen Wahlsieg eine zweite Amtszeit verwehrt hatte. Auch wird er nun die Gelegenheit als frisch gebackener Präsident der USA nutzen, um sich an seinen politischen Gegnern zu rächen und um fragwürdige Menschen, die sich an dem unsäglichen Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 gewaltsam beteiligten, qua seines Amtes zu begnadigen. Das wird dann ganz gewiss keine Sternstunde der Demokratie!

Bereits vollmundig angekündigt hat der neue und zugleich alte US-Präsident die Rücknahme von 100 Dekreten und zentralen Klimaschutzmaßnahmen seines Amtsvorgängers am ersten Amtstag. Der neue Trump ist der alte Trump geblieben, aber nun ist er noch entschlossener, noch radikaler und wütender als zuvor während seiner ersten Amtszeit. Europa bzw. die Europäische Union (EU) und Deutschland sind gut beraten, sich auf diesen entschlossenen und risikobereiten Trump gründlich vorzubereiten, damit sich die Szenarien von 2017 einer regelrechten Schockstarre in den europäischen Hauptstädten nicht wiederholen. Einheit und Entschlossenheit sollten das politischen Handeln der EU-Mitgliedstaaten leiten, gepaart mit einem gesunden Selbstbewusstsein für die absehbare Auseinandersetzung mit der neuen Trump-Regierung, deren Reihen diesmal geschlossener sein dürften als noch zwischen 2017 und 2021, wo es ein ständiges Stühlerücken im Weißen Haus, in den Ministerien und Behörden gab. Das „Project 2025“ als Fahrplan für den radikalen Umbau der US-Demokratie, von teilweise erzkonservativen Vordenkern in den USA aus der Taufe gehoben, als wichtiges Strategiepapier der Präsidentschaft „Trump 2.0“ hat dafür erheblichen Vorschub geleistet. Man darf gespannt sein, was genau davon ab dem heutigen Tag umgesetzt wird.

Außen- und sicherheitspolitisch erwarten die Demokratien Westeuropas turbulente Zeiten: Donald Trump hat im Vorfeld seiner Vereidigung damit gedroht, von den europäischen NATO-Staaten fünf Prozent an Investitionen in die nationalen Verteidigungshaushalte zu verlangen, obwohl die USA derzeit mit 3,5 Prozent Verteidigungsausgaben selbst darunter liegen. Dennoch zeigt diese Drohgebärde Trumps, wohin die Reise der Atlantischen Allianz vonseiten der neuen US-Regierung geht. Es wird abermals ein größeres europäisches Engagement gefordert. Die Sicherheitsgarantie der USA für Europa bleibt einmal mehr unter Trump fragwürdig. Dies sollte die Verantwortlichen im NATO-Hauptquartier und in den EU-Institutionen in Brüssel und Straßburg dazu veranlassen, mehr Druck auf die Regierungen in Europa auszuüben, sich angesichts der Unsicherheit über die US-Unterstützungsbereitschaft in sicherheitspolitischer Hinsicht für den europäischen Kontinent stark für mehr Ausgaben in den nationalen Verteidigungshaushalten zu machen – nicht wegen den USA, sondern aus purem Eigeninteresse an der Stabilität Europas, die seit dem Krieg in der Ukraine im Februar 2022 ins Wanken geraten ist. Mittlerweile ist deutlich geworden, dass zukünftig eine neue europäische Sicherheitsordnung geschaffen werden muss. Ob dieses innereuropäische Experiment gelingt, bleibt indes abzuwarten. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Verstörend wirkt zudem, welche verheerenden Signale Donald Trump in diesem Monat in Richtung Kanada, Grönland und im Hinblick auf den Panamakanal ausgesendet hat. Folgende Frage ergibt sich vor diesem Hintergrund: Müssen wir uns unter US-Präsident Trump auf eine Neuaufteilung der Welt gefasst machen? Vieles spricht dafür, da der neue amerikanische Präsident offenbar den Leitsatz „America first“ dafür missbraucht, um sich in seiner unmittelbaren Nachbarschaft nach geopolitisch relevanten Staaten und wichtigen Wasserstraßen umzuschauen, deren Aneignung er in Betracht zu ziehen scheint. Wirtschaftlicher Druck und sogar militärische Drohgebärden werden dabei nicht ausgeschlossen – ein Affront sondergleichen. Damit macht er sich mit Russlands Präsident Wladimir Putin gemein, der ebenfalls im Hinblick auf die Ukraine territoriale Ansprüche und Forderungen erhebt und damit ein gefährliches Denken in Einflusszonen kultiviert und salonfähig macht. Die Signale, die von Trumps öffentlichen Äußerungen bereits jetzt ausgehen, sind für das Ansehen der Demokratien weltweit, die von den Autokratien ohnehin schon mehr als genug herausgefordert werden, nicht nur beschämend, sondern auch höchst imageschädigend. Es bleibt dabei: Wir müssen uns auf vier unberechenbare Jahre der Trump-Präsidentschaft einstellen und mit allem rechnen. Umso mehr wird es aus europäischer Sicht darum gehen, Einheit und Stärke zu zeigen und einen geeigneten Weg zu finden, wie wir in Europa mit US-Präsident Donald Trump bis Januar 2029 umgehen und welche Selbstertüchtigung wir in dieser zweifellos herausfordernden Zeit an den Tag legen wollen zum Zweck der Selbsterhaltung. Um es an dieser Stelle mit den Worten von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu sagen: „Es lebe Europa!“.

(Hinweis: Dieser Blogbeitrag ist ebenfalls heute auf der KFIBS-Website unter https://kfibs.org/blog/ erschienen.)

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